Pokalschlacht auf dem Berg

Montag, 1. September 2003. Nach 19 Jahren sollte es mal wieder ein Derby am Main geben. Der Bundesligist SG Eintracht Frankfurt mußte im DFB-Pokal beim Regionalligisten Kickers Offenbach antreten. Da durften die Schwabenadler natürlich nicht fehlen und zu diesem Zweck startete bei uns die Mission Auswärtssieg um 9 Uhr morgens.

Als auf der Autobahn mein erstes Bier (fump) aufging, fiel mir erstmal auf, daß mein Fahrer und Immer-New-Balance-Träger, heute Fila-Treter anhatte. Auch als Adler war er äußerlich nicht zu erkennen. Seltsam. Auch war auf der Autobahn für eine Auswärtsfahrt ordentlich was los, aber sonst fahren wir auch nicht Montagmorgens. Das nächste Merkwürdige war nach der Autobahn auf dem Weg nach Heilbronn die Ampel ... wir konnten ohne Halt durchfahren. Heute war wirklich alles anders und konnte nur zum Sieg führen.

Natürlich machte ich mit meiner Flasche in der Hand auf der Straße den richtigen Eindruck am frühen Montagmorgen. Als Fußballfan muß man schließlich einen Ruf bestätigen. Mit Konrad an Bord ging es dann auf die Autobahn und auf den ersten Parkplatz wieder raus. Papa Heiko war wohl zu aufgeregt um es bis zum nächsten Rastplatz auszuhalten. Trotzdem ging es in Kraichgau wieder traditionell raus. Unter der Woche gibt es da gar keine Parkplatzprobleme. Ohne Holländer und Lkw ist da wirklich Platz. Dafür konnten wir uns über die Bundeswehr lustig machen.

Der Rest der Fahrt verlief wie immer und nachdem unser Chauffeur sich für den sofortigen Besuch des Fan-Shops entschieden hatte, kam dort ein Baum in den Genuß verdauten Bieres. Erleichtert ging es dann auf Einkaufstour. Heiko entdeckte Weizengläser und das besser aussehende wurde eingepackt. Konrad liebäugelte mal wieder mit der Verzierung seiner Nummernschilder. Gemeinsam waren wir aber begierig auf ein langärmliges schwarz-weißes Derbysieger-Shirt. Nachdem jeder eins erworben hatte und ich noch ein T-Shirt zum drüberziehen hatte, ging es weiter Richtung KFC.

Exquisit gesättigt ging das Abenteuer weiter und es wurde der Hauptbahnhof gesucht. Dummerweise war das Verkehrsaufkommen zu der Zeit immens, was die Reise natürlich erschwerte. Schließlich kamen wir aber doch zur Bahnhofstiefgarage. Woanders zahlt man für so eine Fahrt wie die Einfahrt in die Garage. Schmal, niedrig, steil. Es gab natürlich auch nur einen Parkbereich, der für uns in Frage kam. Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin. Die Bezeichnung des Bereiches war natürlich das nächste gute Zeichen. Also den Wagen geparkt und den Weg nach Oben gesucht. Unterwegs waren auch schon ein paar Adler auf dem Weg.

Der Bahnhof war recht schnell inspiziert und das Preisschild am dortigen "WC-Center" erschreckte mich sogleich. In Mannheim machte ich mich letztens über die 50 Cent Eintritt noch lustig und hier verlangten die Raffzähne der Bahn 70 Cent! Fast 1,50 Mark fürs Pissen. Der reinste Wucher und wir hatten noch zwei Stunden Zeit.

Am Raucherstand richteten wir uns häuslich ein und es kam die Zeit, als Einer von uns ne Runde Bier ausgab. Das war dann ungefähr die Zeit, als ich zu spekulieren begann, wie lange diese Züge im Bahnhof Aufenthalt hatten. Immerhin ist in jedem Zug ein kostenloses WC. Als die letzte Runde um war, war es so weit. Schlangestehen vor dem Drehkreuz, zahlen, pissen, Hände waschen und wieder raus ... von wegen. Da der Ausgang zugleich der Eingang war, stauten sich die Erleichterten und ich sah das nicht ein. Mit einem lauten Ratschen gab das Tor, auf dem stand, daß es nur im Notfall zu benutzen sei, nach und die Massen starrten mich an. Egal, zurück zur Gruppe und noch etwas gesoffen. Zwischenzeitlich hatten wir auch noch Gesellschaft in Form eines versehrten Fräuleins mit Krücken, dem wir natürlich unseren Schutz gewährten.

Dann ging es endlich weiter. Der Zug fuhr ein und wir wanderten zum Ende. Da die Fanmasse vorne einstieg, erwies sich das als gute Entscheidung. Dadurch hatten wir Schwabenadler ein Abteil und ein WC für uns allein. Wunderbar. Erst als die begleitenden BGS-ler uns bemerkten, waren wir nicht mehr ganz allein. Jedenfalls war es eine gemütliche, lustige Fahrt nach Offenbach. Dort angekommen hatte ich den Verdacht, daß es in ganz Hessen keinen weiteren Polizisten geben könne. Der Marsch zum Stadion war doch etwas länger als ich erwartet hätte und unterwegs wurde noch eine Gelegenheit zum Urinieren genutzt. Das Wetter war gut und die Stimmung prächtig. Auf der Zufahrtsstraße zum Stadion stand dann eine beeindruckende Reihe von Einsatzfahrzeugen um die beiden Fan-Gruppen getrennt zu halten. Links gingen wir und rechts die Eingeborenen.

Nach der obligatorischen kurzen Abtasterei war ich dann auch schon drin. Im Stadion war ich an Braunschweig erinnert. Alles überdacht, bis auf den Gästeblock. Statt auf die Stahlrohrtribüne zu gehen, blieben Konrad und ich unten auf der 4. oder 5. Steinstufe. Das Ganze machte einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Der Block links von uns war noch kurz leer und ich dachte, das sollte der Pufferblock, der auch leer bleiben sollte. Doch plötzlich strömten die Ultras so schnell da rein, daß die Staatsmacht erstmal nur dumm schauen und dann nur noch dazu stehen konnte. Klasse Aktion. Das Stadion war auch schon gut gefüllt und die Stimmung allgemein ganz prächtig. Ein Sportflugzeug flog auch mit einem Spruchband über den Ort des Geschehens. "Derbysieger 1959, 1971, 1984, ..." war da zu lesen und erinnerte mich daran, daß es, wenn es drauf ankommt, nur einen Sieger geben kann.

Die Offenbacher zeigten einen Haufen Doppelhalter mit unwichtigen Derby-Ergebnissen und auch ein entsprechendes Spruchband gab es. Auf unserem Spruchband stand "Wir grüßen den Vizemeister von 1959". Zum Spiel muß ich leider sagen, daß ein Zweiklassenunterschied nicht erkennbar war. Wir spielten nicht gut und die Gastgeber waren übermotiviert. Der Höhepunkt war die 22. Minute, als Nikolov zu kurz abwehrte und es durch einen Abstauber 1:0 stand. Ab da wurden die Gastgeber richtig laut. Bei uns wars schwierig. Vor uns am Zaun war eine Reihe Grüner und Meister Stein war ohne Megaphon mitten im Block. Trotzdem hielten wir ordentlich dagegen. Leider konnte man das von unserer Mannschaft nicht gerade sagen, aber zum Glück änderte sich am Spielstand bis zur Pause nichts.

Während der Halbzeit wurde dann einfach nur herumgesessen und auf den Wiederanpfiff gewartet.

Die zweite Halbzeit begann für uns so, wie ich es mir von Anfang an gewünscht hätte. Druckvoll. Dazu zündelten die Offenbacher was einen Einmarsch an Grünen vor die Gegengerade nach sich zog, der fast nicht enden wollte. Da war die Ordnungsmacht tatsächlich auf einen Krieg vorbereitet. Naja, deren Sache. In der 55. Minute war es dann endlich soweit. 1:1 durch Frommer! Auch in der Folgezeit war die Eintracht überlegen, münzte dies aber leider nicht in Tore um, was sich aber nicht rächte. In der 90. Minute war ein Offenbacher zum Glück zu blöd an den Ball zu kommen. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit war aus unserem Block gar nichts mehr zu hören. Irgendwie hatte, mit der Verlängerung vor Augen, keiner mehr Lust.

In der Verlängerung hatte Offenbach die erste Großchance, nach der wir dann endlich Druck machten. Dennoch fielen keine Tore.

Elfmeterschießen. Oka hält einen und einer geht übers Tor, der OFC-Hüter hält einen und ist gegen Jones noch dran. Trotzdem Tor durch Jones, der in seinem Überschwang direkt zum Offenbacher Anhang lief und vor denen herumfeierte, was die natürlich auf die Palme brachte. Nun war der gegnerische Torwart am Zuge und ... verschoß gegen Nikolov. Geil!!!

... und das Derbysieger-Shirt sieht verdammt gut aus...

Natürlich wurde die Mannschaft noch ausgiebig gefeiert und dann ging es langsam auf den Rückweg. Zurück zum Bahnhof waren die Gruppen natürlich wieder ordentlich getrennt. Rechts gingen die Frankfurter und links gingen die Offenbacher. In der Mitte des Weges stand noch immer die Reihe grün-weißer Einsatzfahrzeuge mit allerlei Uniformierter dazwischen. Die Gestalten sahen schon martialisch aus mit ihren Schilden. Ab und zu wurde auch etwas gesungen und die Kiebitze aus den Fenstern waren sicher gut unterhalten. An traditioneller Stelle, also wie auf dem Hinweg, wurde noch schnell die Blase entleert um anschließend am gut abgesperrten Bahnhof mit hunderten von Frankfurtern anzukommen. Irgendwie sind wir dann in die falsche Richtung abgebogen. Jedenfalls hielt die S-Bahn für uns zu früh und wie wir zurückgingen, war die voll besetzt. Nimmt man halt die nächste. Zwischenzeitlich wurde ich sogar von nem Ordnungshüter angepöbelt. Ob ich das Shirt am Bahnhof bedruckt hätte, wollte der wissen. Dabei war doch klar, daß wir gewinnen.

In die nächste S-Bahn wurde dann eingestiegen. Da die natürlich öfter hielt, als der Zug am Mittag, kam mir die Fahrt natürlich länger vor und auch andere Fahrgäste waren verunsichert darüber ob die Bahn auch zum Frankfurter Hauptbahnhof fuhr. Dafür wurde ich fast einen 07-Spielplan los. Im Frankfurter Untergrund angekommen traf man dann nach kurzer Suche auch Heiko in der Nähe des nun abgesperrten Treffpunkts. Am Kartenautomat traf und dann der Schlag. Wollte der doch tatsächlich 16 Euro für die Parkerei. Nur wegen des atomschlagsicheren Parkplatzes solch eine Wucherei, wie das WC-Center, typisch Bahn. Hätte man vielleicht vorher die Preisliste ansehen sollen.

Auf der Rückfahrt war man natürlich nicht nur siegestrunken und das Bier floß natürlich wieder ordentlich. Es gab auch noch einige Unterbrechungen, da der Fahrer nicht mehr richtig fit war. Passiert ist weiter nichts, Konrad wurde ausgeladen und ohne weitere Unterbrechungen ging es dann nach Hause.

D e r b y s i e g e r !