Engelbrauer in Ludwigsburg

 

Samstag, 13. November 2004. Mit dem TSV Crailsheim sollte unser ehemaliger Trainer, Martin Hägele, mal wieder zu Gast sein. Ich hatte meine Schicht getauscht, da der Anpfiff auf 14.30 Uhr terminiert war und war so von 10 bis 18 Uhr eingeteilt. Um 2 ging ich also zur Pause und quälte mich durch den samstäglichen Verkehr zum Stadion. Dort angekommen fielen mir auch gleich die Gäste auf, die sogar einen Bus eingesetzt hatten. Respekt. Am Eingang dauerte es dann ein Weilchen, bis ich drin war und ich ging dann zügig zum Bierstand. Allerdings orderte ich nur eine Rote, da ich ja mal wieder alkoholfrei das Spiel sehen mußte. An der Mittellinie befand sich bis dahin nur ein Frank, der mich auf seine Bilder im Stadionblatt und seinen falsch gedruckten Namen (prost mein Engelen) aufmerksam machte, und ich gab mich etwas wortkarg. Der Hunger trieb die Wurst aber recht zügig in den Ranzen und wie ich fertig war, waren auch noch ein paar weitere 07er vor Ort.

Die Crailsheimer fuhren direkt neben uns schweres Geschütz auf. Mit Trommeln und Trompeten bezogen sie Stellung und machten auch noch zwei Schwenkfähnchen an der Bande fest. Durch die Farbgebung wurde unsererseits kein Einspruch erhoben, dafür amüsierte ich mich ganz gut über die schwachen Fähigkeiten der Gäste beim befestigen der Fahnen. Bei uns war nur der Doppelhalter vor Ort und Zoni hatte die Schwenkfahnen dabei. Allerdings befanden sich die Stecken noch beim Jule im Kofferraum. Sensationelle Organisation mal wieder und die Gäste begannen uns zu provozieren.

Mit dem Anpfiff legten wir dann auch wie üblich los. Allerdings blieben wir in der Folge dann etwas ruhig und überließen den Crailsheimer Guggenmusikern (klang tatsächlich wie bei einem Faschingsumzug, was die da fabrizierten) das Feld. Ähnlich ging es auch auf dem Rasen ab. Nur ab und zu ging es Richtung Eishalle und in der 07. Minute wir in Führung. 1:0 durch Robert Stanic ... außer der Assi winkt und der schwanzlose Schiedsrichter fällt drauf rein. Was überhaupt die Winker an den Seitenlinien ablieferten war unter aller Sau. Erst nachdem dieser Schock einigermaßen verdaut war, schrien wir dann doch standesgemäß gegen die Narren an und auch auf dem Platz nahem wir das Heft in die Hand, was darin gipfelte, daß wir in der Schlußphase der ersten Halbzeit die Crailsheimer in deren Strafraum festnagelten. Während dieser Phase überzeugte ich auch noch Jule davon, daß die Fahnenstangen ins Stadion gehören.

Zur Halbzeit zog also ein Jule ab und wir fachsimpelten wie üblich und machten uns über die Gästefans mit ihren dünnen Stimmchen lustig. Fehlende Stimmgewalt mit stupidem Geschepper kompensieren zu wollen ist auch ungewöhnlich. Wahrscheinlich ist dieser Lärm auch der Grund für Martins Wunsch den Verein zu verlassen. Genug spekuliert, denn dann tauchte endlich ein Jule auf und wir konnten den Crailsheimern zeigen, was Fahnen sind. Leider kamen die dann nicht mehr in den Genuß des Ludwigsburger Liedes und schon ging es wieder los.

Die zweite Halbzeit sollte uns gehören, sowohl außen wie auch auf dem Rasen und nach neun Minuten wurde wurde Ümit Genc im Strafraum von den Beinen geholt, was der Schiedsrichter ausnahmsweise richtig wahr nahm. Wir also die Fahnen bemannt, Marc Kern zugeschaut und losgeschwenkt. Die hochverdiente Führung brachte uns mal wieder aus dem Häuschen. In der Folgezeit kam es mir so vor, daß das Geschepper von rechts unsere andauernden Gesänge untermalen sollte. Ob das nun in der Absicht der Bauern lag bezweifle ich aber doch. Außerdem konnten die Crailsheimer von Glück reden, daß das Gespann sehr offensichtlich auf deren Seite war. Besonders der Winker auf der Tribünenseite tat sich während der zweiten Halbzeit unrühmlich hervor und vereitelte uns manche Konterchance. Trotz prächtiger Stimmung unsererseits gab es allerlei Gepöbel von und zu den Gästen und auf dem Platz zeigte sich ein gegensätzliches Bild zum Ende der ersten Hälfte. Die Crailsheimer drückten uns in unseren Strafraum und von uns kamen nur noch Befreiungsschläge. Spielunterbrechungen gab es eigentlich keine und zur neunzigsten Minute waren wir so siegessicher wie selten aber der Pfeifenkopf meinte es weiterhin nur gut mit den Crailsheimern und in der 94. Minute war es dann so weit. Der Ball trudelte so eigenartig auf die Latte zu, daß Robert Belosevic diesen nur noch wegfausten konnte. Leider nicht über das Tor sonder zurück in den Strafraum auf einen Crailsheimer Fuß. Dessen Schuß konnte er noch parieren aber ein weiterer Nachschuß schlug unhaltbar im Kasten ein. Verdammte Scheiße! Nach dem Wiederanpfiff kam dann natürlich gleich der Abpfiff und wir waren bedient.

Eine Fahne wurde zwar bei uns geschwenkt, aber unsere Spieler schlichen ausnahmslos in die Katakomben. Neben uns feierten die anfangs eigentlich favorisierten Gäste den Punkt wie einen Sieg und es hätte nach allerlei verbalen Meinungsaustäuschen beinahe noch ein Handgemenge gegeben aber es blieb bei Gerede. Wer von uns aber der Sozialhilfeempfänger sein soll, weiß ich nicht. Von der LGA ist meines Wissens nach jeder in Lohn und Brot. Die Bauern zündeten dann noch zwei dünne Bengalos, die zwar nicht so intensiv abbrannten, wie wir sie kennen, dafür recht lange. Es kamen auch noch ein paar Gastspieler zu denen und auch deren Trainer trieb sich noch etwas auf dem Platz herum. Dann war ich bedient und es wurde eingepackt.

Am Wurststand wurden noch drei Würste umsonst angeboten, was mich aber nicht mehr interessierte. Ich verfolgte unsern Jule, der mit den Fahnenstangen zur Tribüne marschierte um die Zaunfahne abzuhängen. Ich kam dann von oberhalb dazu und pöbelte noch ohne Widerspruch des Stadionversprechers gegen den schwanzlosen Schiedsrichter, was recht ordentlich hallte und auch die richtigen Ohren erreicht haben dürfte. Dann wollte ich die Teleskopstangen aufsammeln, wobei mich Jule darauf aufmerksam machte, daß die unter der Tribüne lehnten. Sehr witzig. Eigentlich hatte ich ja keine Zeit und mußte wieder ins Geschäft, aber was solls. Unten noch unseren versteinert vor den Katakomben stehenden Trainer gegrüßt, die Stangen aufgesammelt und auf Richtung Ausgang. Am Mannschaftsbus gab es von mir noch den Ruf "Crailsheimer!" worauf sich mir zugewandt wurde. Nach meinem folgenden "kommt gut heim" wurden noch ein paar Worte gewechselt. Einer meinte, wir sollten zusehen, daß wir nicht absteigen und ich entgegnete, daß wir tun was wir können, das aber offensichtlich nicht immer reicht und das war es dann. Ich fuhr noch miesgelaunt zur Arbeit, wo ich die Stunde bis 6 irgendwie herumbrachte bevor das Auto daheim abgestellt wurde und es dann geschäftlich in den Besen nach Poppenweiler ging. Wie das ausging ist dann eine Geschichte, die ich mal wieder selbst nicht ganz kenne. Nur der Sonntag war dann ganz fürchterlich.