VIP-Betrüger in Reutlingen

Samstag, 11. September 2004. Der 6. Spieltag stand in Reutlingen an und ich durfte bis 15.30 Uhr arbeiten. Da mein Feierabend auf den Anpfiff gefallen wäre, war dies natürlich unmöglich einzuhalten und mit Jule die Abholzeit von 14 Uhr vereinbart. Leider tauchte Jule nicht auf und ich kam nicht wie geplant weg. Erst etwa 10 Minuten vor halb drei gelang es mir zu flüchten. In der Tiefgarage war die Überraschung dann groß, da ein Jule da bei einem Weizen wartete. Also kurz begrüßt, Gepäck verladen und auf gings.

Zum Glück war die Zeit trotz Verspätung ausreichend bemessen, sodaß wir beizeiten Reutlingen erreichten und den Gästeparkplatz ignorierend gegenüber dem Haupteingang geparkt. Die dortigen Büsche wurden noch gedüngt und frohen Mutes über die Brücke zum Stadion gewandert. Die 5 Euro Eintritt fand ich angenehm und die Eingangskontrolle gründlich. Da wir aber keinerlei obskure Mitbringsel dabei hatten, konnten wir uns auch gleich zu unserem Standort aufmachen. Unterwegs wurde noch ein Marco am Bierstand (wo sonst?) getroffen. An der Mittellinie warteten auch noch Sigi und Frank, sowie ein paar weitere ältere Ludwigsburger. Rucki war noch unterwegs, ein paar Eintrittskarten gegen Gästekarten mit Finanzausgleich zu tauschen und ich schickte Jule hinterher. Ein freundlicher Ordner wies uns dann die Plätze für die Zaunfahnen an und ließ uns in den Innenraum. In der Kurve vor dem Gästeblock hängten wir dann die zwei Fahnen auf und unterhielten uns noch mit dem Ordner bevor es zu den Ludwigsburgern zurück ging. Die Schwenkfahne mußte noch gerichtet werden, was natürlich auch an mir hängen blieb. Als wir komplett waren stellte sich noch heraus, daß es keine Gästekarten mehr gab. Schade eigentlich. Dafür wurden wir dann vom Stadionsprecher überrascht. Sagte er doch tatsächlich unseren Vereinsnamen korrekt durch. Daß ich sowas nochmal erleben darf hätte ich nicht gedacht.

Zum Einlauf schwenkten wir also unsere Fahnen (Frank hatte seinen Zweierpack wieder an der Stange dabei) und stellten fest, daß die Reutlinger uns auch fahnentechnisch zahlenmäßig überlegen waren. Egal, der Pfiff erklang und das Spiel ging los. Anfangs überließen wir die Gesänge, nach unserem üblichen Geschrei zum Anpfiff, den Reulingern und ich beschwerte mich mal wieder über das zu heiße Wetter. Nur sporadisch kamen Anfeuerungen von uns. Dafür durften wir einige brenzlige Situationen in unserem Strafraum ertragen. Nach etwa zehn Minuten stieß dann ein Jochen überraschend zu uns und langsam kam auch unser Support in Fahrt. Winnie wurde des öfteren zitiert und ob der zahlreichen ungenutzten Chancen der Reutlinger auf einen Auswärtspunkt gehofft. Also die Abwehr schwamm und wir sangen. Entlastungsangriffe fanden sehr selten statt und wir waren ziemlich froh, daß wir das 0:0 in die Halbzeit retten konnten.

Da es im Stadion nur alkoholfreies Bier gab machten sich einige von uns auf die Suche außerhalb. Ich als Fahrer verhielt mich natürlich weiterhin alkoholfrei und schwitzte unerfrischt weiter vor mich hin. Trotzdem war die Pause kurzweilig und einige Ludwigsburger nicht rechtzeitig zum Ende zurück.

Wie auch immer. Vom Wiederanpfiff an brüllten wir unsere Jungs nach vorn und irgendwie traten sie besser formiert und organisiert auf als zu Spielbeginn. Es wurden sogar ein paar Chancen herausgespielt, die aber leider weiterhin nicht genutzt wurden. Gerade als es sich andeutete, daß wir zumindest einen Punkt behalten würden kam von Reutlingen ein Doppelschlag in der 75. und 79. Minute. Da konnte man dann entweder betreten schweigen oder sich auf Sinnlosigkeit konzentrieren. Also hielten wir den Lautstärkepegel und wir schafften es sogar gegen Ende wieder zu Anfeuerungen. Genutzt hat das aber alles nichts und das Spiel ging insgesamt doch verdient verloren.

Nach dem Schlußpfiff warteten wir noch etwas und tatsächlich kamen ein paar unserer Spieler vorbei um sich für die Unterstützung zu bedanken. Wird nur Zeit, daß das mal wieder nach nem Sieg geschieht. Dann wurde eingepackt und dabei dummes Zeug gelabert. Das Übliche halt. Mit ein paar Ordnern ging es dann zum Ausgang und Jule mußte noch ein paar Flaschen abgeben. Unterwegs hielten wir bei ein paar abwandernden Reutlingern wo ich dann allein zurückblieb. Ich dachte, Flaschen abgeben, zurückkommen, abfahren, wäre die unmittelbare nächste Abfolge und unterhielt mich noch mit den Gastgebern. Als mir das dann doch zu lange dauerte machte ich mich zum Bierstand auf, wo unser trinkfester Mob noch bei der "Arbeit" war. Auch ein paar Offizielle waren noch da und das Angebot meines Vorstands mir ein Bier auszugeben konnte ich natürlich nicht abmelden. Wegen des extremen Durstes brauchte ich aber zunächst ein Radler, das Herr Bayer auch noch übernahm. Respekt und besten Dank dafür. Dem Trainer wurde auch noch zu seinem Geburtstag gratuliert. Rucki schoß dann mal wieder den Vogel ab, als er Herrn Bayers "VIP-Bändchen" abschwatzte und damit im VIP-Bereich verschwand. Typisch Rucki meinte da Sigi, als er davon hörte. Dem muß ich bei der Gelegenheit auch mal wieder danken, da er uns auch noch ein Bier hinstellte. Auch die dort noch herumsitzenden Reutlinger waren recht angenehme Zeitgenossen und ich fand auch noch die Gelegenheit mit meinem Ordner endlich mit einem richtigen Bier anzustoßen. Als dann ein Rucki, wie weiland aus dem Klofenster in Au, aus der Tribüne herauspöbelte wurde es noch ordentlich laut und einige "VIP-Betrüger, VIP-Betrüger, hej, hej" hallten durch die Botanik. Auf unsere Aufforderung ein paar Scampi herunterzuwerfen ging der Kerl aber leider nicht ein. Später wiederholte sich der Lärm nochmal, als Rucki von einem Stock höher sich erneut blicken ließ. So ein Zugvogel. Zurück bei uns wollte ich dann aufbrechen, aber wir kamen nur bis zur Tribüne, da wir die noch besichtigen sollten. Also rauf mit uns und überrascht festgestellt, daß die noch bevölkert war. Obwohl dort nicht jeder der deutschen Sprache mächtig war, bekam Jule noch heraus, daß es wohl ein AH-Spiel war. Dann ging es aber endlich los. Schließlich wollte Jule seine Karre noch vor Montag wiederhaben und ich mußte zur Karaoke. Also flugs vollends verabschiedet und zurück nach Ludwigsburg. Dort von Jule verabschiedet, noch meinen Arbeitgeber angepißt und den Tag bei lecker Cider und reichlich Gesang im Fantasy ausklingen lassen.